Von Peter Bernet (2016)

Grindelwalds Grandhotel in Schutt und Asche

Vor 75 Jahren

 

Rauch und nicht endende Mottfeuer. Später folgten wiederholte Sprengungen der bedrohlichen Kamine und Mauern. Das zog Schaulustige an, ängstigte aber die Anwohner.

Das «Grandhotel Bear» dominierte einst in Grindelwald. Es war ein nobles Hotel mit internationalem Renommee, erbaut 1893. Vor 75 Jahren fiel es jäh in Schutt und Asche. – Peter Bernet hat Hintergründe und Umstände zusammengefasst.

«Wenigstens hat es noch Soldaten, die für etwas Betrieb sorgen», hiess es zu Jahrebeginn 1941. Das Grandhotel Bär war im Kriegswinter 1940/41 voll belegt mit Offizieren und Angehörigen der MSA (Militär-Sanitäts-Anstalten). Hunderte von Wehrmännern wurden im Laufe des Aktivdienstes krank oder verletzten sich. Sie wurden in der MSA behandelt, bis sie wieder zur Truppe zurückkehren konnten. Die MSA und das Militär gaben Metzgern, Bäckern und Wirten Verdienst. Sogar Bergführer und Skilehrer konnten ihre Militärpflicht im Magazin für Gebirgsmaterial im Hotel Belvedere absolvieren oder als Ausbildner in Uniform mit Gebirgstruppen Touren unternehmen. Nicht immer ohne Zwischenfälle: Ein Grindelwalder Führer wurde im Aufstieg am Mönchsnollen unbeabsichtigt von der Fliegerabwehr beschossen. Er und sein Gast kamen mit dem Schrecken davon – und die Flabkanoniere auch.

Da geschah es: Es herrschte grimmige Kälte in der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1941. Plötzlich schreckte die Sirene die Leute aus dem Schlaf: Feueralarm! Das Bärhotel stand in Flammen! Wie durch ein Wunder gelang es, die Insassen zu retten. Als Brandursache vermutete man eine weggeworfene Zigarette eines Soldaten. An der Gemeindeversammlung des Vorjahres hatte man noch beschlossen, statt einer motorisierten Feuerspritze eine Kirchenorgel zu kaufen. Der Feuerwehrkommandant sei nun beim Bärenbrand lautstark rufend herumgerannt: «Gang orgelid jetzen!».

Der Brand weckte bei alten Leuten schlimme Erinnerungen: Rund 50 Jahre zuvor hatten sie erlebt, wie bei einem damaligen Hotelbrand Bär viele Häuser in Flammen aufgingen. Rund 403 Talbewohner wurden am 18. August 1892 auf einen Schlag obdachlos. Jetzt, 1941, konnte eine vergleichbare Katastrophe verhindert werden. Man hatte bei der Feuerwehr aus der Katastrophe von 1892 gelernt. Aber eine Motorspritze fehlte noch – dafür hatte man eine neue Kirchenorgel.

Das gerettete Mobilar wurde auf der Bäreneisbahn oder den benachbarten Hotelterrassen in Sicherheit gebracht – anschliessend Tag und Nacht mit scharfer Munition militärisch bewacht. Schon bald wurden die bedrohlichen Kamine der Brandruine gesprengt. Fensterläden der Umgebung wurden fest verschlossen und die Schaufenster mit Brettern vernagelt. Kinder habe man mit Militärbisquit und Militärschokolade versorgt in den Wohnungen eingesperrt, wird erzählt. Riesige Staubwolken überzogen nach den Detonationen jeweils das Tal und einige Splitter flogen unerwartet weit ins Dorf hinein. Fassungslos standen Vertreter von Versicherungen und Behörden vor den Trümmern. Wie weiter? Zu allem kamen beunruhigende Nachrichten aus dem Ausland: Die Deutschen hatten London bombardiert. Das waren nicht gerade rosige Aussichten für den Tourismus. Hoteldirektor Jean Früh blieb nur noch die Leitung des Hotels Adler und die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Im «Echo» vom 17. Januar 1941 liest man: «Eines ist gewiss, dass mit der Vernichtung des Hauses auch ein Stück Grindelwald der Vergangenheit anheimfiel, denn die Geschichte unserer Talschaft ist eng mit mit der Entwicklung des Baerhotels verbunden.» Vor 75 Jahren ging die Hotelherrlichkeit der «Grands Hotels Bär und Adler Palace AG» jäh zu Ende. Der Traum von einem Palacehotel – wie in Gstaad oder St. Moritz – war ausgeträumt. Nun steht dort das Sportzentrum.

 

Das imposante «Grandhotel Bear», erbaut 1893. Ein nobles Hotel mit 300 Gästebetten und internationalem Renommee. Im Kriegswinter 1940/41 war es belegt durch Militär der MSA (Militär-Sanitäts-Anstalt).

Das imposante «Grandhotel Bear», erbaut 1893. Ein nobles Hotel mit 300 Gästebetten und internationalem Renommee. Im Kriegswinter 1940/41 war es belegt durch Militär der MSA (Militär-Sanitäts-Anstalt).

In der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1941 stand das Grandhotel plötzlich in Flammen. Alle Insassen konnten das Gebäude gerade noch rechtzeitig verlassen. Als Brandursache vermutete man eine weggeworfene Zigarette eines Soldaten.

In der Nacht vom 15. auf den 16. Januar 1941 stand das Grandhotel plötzlich in Flammen. Alle Insassen konnten das Gebäude gerade noch rechtzeitig verlassen. Als Brandursache vermutete man eine weggeworfene Zigarette eines Soldaten.

Rauch und nicht endende Mottfeuer. Später folgten wiederholte Sprengungen der bedrohlichen Kamine und Mauern. Das zog Schaulustige an, ängstigte aber die Anwohner.

Rauch und nicht endende Mottfeuer. Später folgten wiederholte Sprengungen der bedrohlichen Kamine und Mauern. Das zog Schaulustige an, ängstigte aber die Anwohner.

Behördenvertreter und Soldaten können kaum fassen, was in der Nacht passiert ist. Gerettetes Mobiliar vor den Bijouterie Burgener und dem Schuhgeschäft Bernet.

Behördenvertreter und Soldaten können kaum fassen, was in der Nacht passiert ist. Gerettetes Mobiliar vor den Bijouterie Burgener und dem Schuhgeschäft Bernet.

Wertvolles Mobiliar beim Hotel Central Wolter, militärisch bewacht von einem Soldaten mit scharf geladener Waffe. Man befürchtete Diebstähle und Plünderungen.

Wertvolles Mobiliar beim Hotel Central Wolter, militärisch bewacht von einem Soldaten mit scharf geladener Waffe. Man befürchtete Diebstähle und Plünderungen.

Auf der Bäreneisbahn türmte sich Hotelwäsche auf. In Sicherheit gebracht von Frauen des militärischen Hilfsdienstes und freiwlligen Helferinnen der Umgebung.

Auf der Bäreneisbahn türmte sich Hotelwäsche auf. In Sicherheit gebracht von Frauen des militärischen Hilfsdienstes und freiwlligen Helferinnen der Umgebung.

Wie weiter? Behördenvertreter angesichts der Hotelruine. Tage zuvor war London von den Deutschen bombardiert worden. Wenig rosige Aussichten für den Tourismus. Hoteldirektor Jean Früh (links mit Hund) blieb nur noch die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Wie weiter? Behördenvertreter angesichts der Hotelruine. Tage zuvor war London von den Deutschen bombardiert worden. Wenig rosige Aussichten für den Tourismus. Hoteldirektor Jean Früh (links mit Hund) blieb nur noch die Hoffnung auf bessere Zeiten.

Lob für die unerschrockene Feuerwehr. Sie verhinderte hartnäckig, dass die Flammen auf die Häuserfront an der Dorfstrasse übergriff.

Lob für die unerschrockene Feuerwehr. Sie verhinderte hartnäckig, dass die Flammen auf die Häuserfront an der Dorfstrasse übergriff.


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