Von Peter Bernet (2013)
Kalender 2014
Grindelwald vor rund 100 Jahren
Tailingparty am Pintenstutz unterhalb von Tewsen Mädis Hus. Ein Rudel Schlittler im Schlepp eines Vierspänners – und im Winter noch weit und breit kein Auto. Im Hintergrund, in den Bäumen, das Hotel Adler, 1908 geführt von Adolf Boss.
Januar
Winterfreuden beim Pfarrhaus Grindelwald. «Wer nicht balancieren kann, ist mit Schlitteln besser dran», schrieb Gletscherpfarrer und Volksdichter Gottfried Strasser, der 1912 starb.
Februar
Die Bäreneisbahn mit der Englischen Kapelle, dem anglikanischen Gotteshaus für britische Gäste. Es wurde 1974 abgebrochen. Blick talaus: die Pension Daheim, heute Bel-Air Eden, das Hotel Alpenruhe, heute Grand Hotel Regina und das Stationsgebäude des Bahnhofs.
März
Schulkinder vom Bachsbortschulhaus beim Haus im Cher bei der Schwendi um 1900. Laut Hausinschrift von Heini Blum 1572 erbaut. Wenig später brach damals die Pest aus. Endlos zogen Leichenzüge vor dem Haus vorbei. Vierhundert Talbewohner starben, die meisten davon Kinder.
April
Ein einst bescheidener Fusspfad im Oberen Misiti, beim Kreuzweg, eingezäunt von einem Schaarhag: der heutige Terrassenweg. Links das Wohnhaus von ehemals Fritz Kaufmann, hinter dem Baum das der Familien Jossi und Kaufmann-Boss, seit 2013 das Café 3692.
Mai
Trachtenschönheiten an einem Festumzug 1910. Die Grindelwalder Gottentracht mit der fröhlichen, gelben Schürze oder der feierlich dunkeln in Rot, Blau oder bei Trauer in Schwarz. Dazu gehörten Haubenkränze mit kunstvollen Stoffblumen und hohe Schnürschuhe.
Juni
Wunderwerk Wetterhornaufzug am Oberen Gletscher. Er ging als «erste grosse Seilschwebebahn der Welt» in die Verkehrsgeschichte ein. Nach sieben Jahren Betrieb musste er zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1915 stillgelegt und später abgebrochen werden.
Juli
Das Berghaus Männlichen, die «Wirtschaft der Itramer», hiess einst «Grindelwald Rigi». Elegant gekleidete Herrschaften wurden um 1900 im Tragstuhl über Itramen zum Hotel hinauf getragen, von drei Trägern, zu je sechs Franken Lohn.
August
Einstige Naturwunder auf dem Unteren Grindelwaldgletscher: Zuoberst auf dem Gletscher ein vielbewunderter Gletschertisch und unterhalb der Bäregg das geheimnisvolle Walcherloch, eine riesige Gletschermühle. Beide auf dem hoch stehenden Gletscher mit Führern gut erreichbar.
September
Geschwister Jossi auf der Gey hinter Itramen. Links die tapfere Susanne Inäbnit-Jossi, Alleinerziehende von elf Kindern. Als sie 1910 das elfte erwartete, starb ihr Mann, Bergführer Peter Inäbnit, in der Berglilawine hinter dem Eiger. Der Witwe Schicksal erfuhr Anteilnahme bis England.
Oktober
Als der Untere Gletscher noch ein Gletscher war. Wirt Peter Inäbnit führte einst oberhalb des Marmorbruchs das «Chalet Inäbnit» mit einer Eisgrotte, und die Schützen bauten ein Schützenhaus, schossen über die «Lamm» genannte Schlucht und nannten sich «Gletscherschützen».
November
Bald treffen die Wintergäste ein. Wirt Emil Gsteiger-Minder vom Hotel Bahnhof mit Familie und Hund, direkt am Gleis der Dampfbahnen WAB und BOB gelegen, bereit zum Empfang, um 1900.
Dezember
Mit Velogemel und Skijöring Abschied vom alten Jahr. Wintervergnügen auf dem 1911 erfundenen Grindelwalder Velo-Schlitten und beim Skijöring mit reiterlosem Pferd, übernommen aus dem Engadin.
Weitere Geschichten